|
BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Der Hafen von Piräus
6.Oktober 2010 - Die Griechenland-China-Connection
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Griechische Politiker reiben sich die Hände: China will ihr Land dabei
unterstützen, aus der finanziellen Misere herauszukommen, indem sie
Großprojekte in Griechenland planen. So haben sie z.B. bereits ein
hübsches Sümmchen für den größten griechischen Hafen Piräus geboten.
Umfragen in China haben ergeben, dass bei den Einwohnern, die Europa
besuchen, Griechenland auf Platz 1 steht.
Bereits im Mai haben türkische und griechische Reiseveranstalter ein
Projekt gestartet, mit dem sie die Chinesen in ihre Länder locken
wollen: Ziel ist es, 25 chinesische Touristenbüros in Athen und Istanbul
zu eröffnen.
Auf
Lesvos ist der Tourist aus China noch eine Attraktion, obwohl es auf der
Insel einige chinesische Einwohner gibt. Sie eröffnen Geschäfte mit
billigen Sachen, und manchmal sieht man sie auf den Straßen, in ihren
überladenen schrottreifen Autos. Aber ich nehme an, dass man dieses
Völkchen hier an den Fingern von zwei Händen abzählen kann. Auf Rhodos
jedoch gibt es inzwischen schon das eine und andere chinesische
Restaurant, während das einzige hier auf Lesvos, das seinerzeit in
Mytilini eröffnete, inzwischen wieder die Türen schließen musste. Tja,
und so sind die wenigen Chinesen auf Lesvos nur in ihren
Billiggeschäften in Kalloni und in der Hauptstadt zu finden.
Doch so sonderbar, wie es scheint, ist dieses plötzliche Band zwischen
China und Griechenland gar nicht, wenn man bedenkt, dass beide Länder
als Wiege der Kultur gelten: Griechenland steht für den Beginn der
westlichen und China für den der östlichen Zivilisation. Die griechische
Archäologin
Theresa Mitsopolou hat sogar die These aufgestellt, dass ihre
Landsleute ursprünglich chinesischer Abstammung sind. Allgemein wird
davon ausgegangen, dass die Griechen ein indo-europäisches Volk sind,
Frau Mitsopolou sieht in ihnen jedoch Sino-Europäer, was bedeuten würde,
dass ihre Wurzeln im fernen China liegen.
Während ihres Studiums in den 60er Jahren entdeckte die Archäologin
immer mehr Übereinstimmungen zwischen den beiden antiken Kulturen,
sowohl in der Sprache, als auch im Schiffsbau, in der künstlerischen
Darstellung der Schlange, in den Amuletten gegen böse Geister, etc. Ihre
Theorien sind, obwohl sie von ihr belegt sind, umstritten, denn mal
ehrlich, wird ein stolzer Grieche je zugeben, von den Chinesen
abzustammen?
Die
Anhänger der mutigen These sind jedoch davon überzeugt, dass viele
archäologische Funde in Griechenland auf die Kultur Chinas
zurückzuführen sind, wie die symbolische Abbildung der Schlange, mit
gewundenem Körper und herzförmiger Kopfform. Auch antike griechische
Binnenwasserschiffe, wie sie z.B. auf Santorini genutzt wurden, ähneln
sehr stark alten chinesischen Booten. Nehmen wir uns jetzt mal an dieser
Stelle nur 2 Übereinstimmungen in der Sprache vor: „dasos“ ist das
griechische Wort für Wald und „dashu“ das chinesische für große Bäume.
Nennt man in Griechenland die Großmutter „Yiayia“, ist ihre Bezeichnung
in China „Yeye“.
Neben ihrer Tätigkeit als Archäologin ist Theresa Mitsopoulo die
bekannteste Reiseführerin von Athen. Sie spricht 7 Sprachen,
einschließlich der chinesischen, und wäre der ideale Guide für die
zukünftigen chinesischen Touristen, doch leider ist sie, nach den
nunmehr schon 30 Jahren, die sie das Parthenon erklimmt, zu alt für
diese anstrengenden Exkursionen.
Für
die chinesischen Besucher gibt es jedoch hier auf Lesvos einen
Hoffnungsschimmer am Horizont. Man hat diese Woche eine Konferenz
einberufen, deren Thema es war, im Hafen von Molyvos eine Zollstation
einzurichten, so dass Kreuzfahrtschiffe mit ausländischen Touristen
anlegen können. Derzeit sieht das noch so aus, dass sie nur Mytilini
ansteuern können und von dort aus anderthalb Stunden Busreise auf sich
nehmen müssen, wenn sie das pittoreske mittelalterliche Molyvos besuchen
wollen. Keine kurze Strecke, aber auf der anderen Seite lernt man so
auch einen Teil der majestätisch schönen Landschaft der Insel kennen.
Aber die neue Planung würde Molyvos doch direkt viel attraktiver machen.
Ohnehin fahren jetzt schon einige Schiffe auf dem Weg nach Istanbul an
Molyvos vorbei. So hegt man die stille Hoffnung, dass bereits 2012 das
Hafenstädtchen direkt anzusteuern ist und eine Menge Touristen Molyvos
besuchen werden. Wer weiß wie viele chinesische Besucher wir dann zählen
können.
Na,
bei diesen Zukunftsaussichten wäre es gar nicht mal so verrückt, einen
chinesischen Sprachunterricht in den Schulen einzuführen und sich mit
den chinesischen Händlern und Geschäften vertraut zu machen, denn ehe
man sich versieht, ist der Hafen von Molyvos in chinesischer Hand. Und
mal ehrlich gesagt, auch wenn es da Ähnlichkeiten in der griechischen
und chinesischen Sprache geben soll, so bleibt doch für einen Laien
chinesisch unentwirrbar, oder? In diesem Sinne ein herzliches „Hyanying“!
(Na, die 1. chinesische Vokabel sitzt, und wenn ich richtig liege, heißt
dieses Wort „Willkommen“...
|