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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Sankt Valentin

Sankt Valentin

 

16.Februar 2010 - Kein Valentin auf Lesvos

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Vorgestern war Valentinstag und Karneval, aber zur Franziskanerkirche in Mytilini kam weder ein Kurierfahrer noch ein Postbote und klopfte an die Tür, um die Gebeine des Heiligen nach Lesvos zurückzubringen. Also nicht wirklich ein Feiertag für seine Anhänger.

 

Die kleine katholische – noch praktizierende – Gemeinde zählt laut der örtlichen Zeitung „Ebros“ etwa 60 Seelen. Sie haben ihre Kirche an der Ermou-Straße (Haupteinkaufsstraße) in Mytilini im 19. Jahrhundert errichtet, als die ausländischen Händler aus Frankreich, Spanien, Italien und England sich in der Inselhauptstadt etablierten. Wie der Schrein mit den Reliquien von Valentin nach Lesvos kam, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Es wird vermutet, dass eine italienische Familie ihn im Gepäck hatte, als sie nach Lesvos umsiedelte. Fakt ist, dass der Erzbischof von Smyrna sich im Jahre 1907 die Reliquie genauer unter die Lupe nahm, um alsdann ihre Echtheit zu bestätigen. Später erhielt die katholische Kirche den Schrein als Geschenk und kam dann zurecht zur Ermou-Straße in Mytilini.

 

Als das Osmanische Reich einstürzte, die blühende Wirtschaft von Lesvos verwelkte und der Zweite Weltkrieg folgte, geriet sowohl die Kirche, als auch ihr wertvoller Schatz in Vergessenheit. Erst 1990 entdeckte ein Priester den Schrein in dem verwahrlosten Gotteshaus und schmuggelte ihn nach Athen, wo er in der Kirche der Heiligen Klara und Franziskus Obdach fand.

 

Gemäß Vereinbarung, sollte die Reliquie eigentlich im letzten Jahr wieder nach Lesvos zurückkehren, tja, aber dann löste sich ein Teil der Kirchendecke, und so wurde Valentins Heimkehr um ein Jährchen verschoben. Jetzt jedoch wird immer noch an der Kirche gewerkelt, teilweise sind noch Baugerüste aufgestellt, und der Eingang liegt hinter Kisten und Kartons von den angrenzenden Geschäften versteckt. So kann man doch keinen Heiligen empfangen!

 

Außerdem ist der Valentinstag nun auch in Griechenland auf dem Vormarsch, und die Händler in der Nähe der St.Franziskus & St.Klara-Kirche sind strikt dagegen, einen solchen Publikumsmagneten herauszugeben. Ach, und dann ist da auch noch die griechische Bürokratie zu durchlaufen, um überhaupt eine Genehmigung für den Transport eines solch „heiligen Gutes“ zu bekommen. Ja, und das kann dauern...

 

Welche heiligen Teile von St.Valentin sich in der reich verzierten Reliquiendose stecken, ist mir nicht ganz klar. Und solche Unklarheit umgibt auch die Geschichte dieses Heiligen. Er erscheint z.B. nicht auf der Liste der katholischen Märtyrer des Römischen Reiches, und wer er eigentlich genau war, ist auch nicht so sicher. 3 Männer namens Valentin wurden von Römern ermordet, weil sie Christen zu Hilfe kamen (in den ersten drei Jahrhunderten war der christliche Glaube im Römischen Reich verboten): Ein Priester aus Rom, der Bischof von Interramna (das heutige Terni in Italien) und ein Märtyrer aus der damaligen Provinz Afrika. Fakt allein ist, dass ein Valentin zwischen 200 und 300 nach Christus an einem 14. Februar im Norden von Rom, an der Via Flaminia, begraben wurde.

 

Die Geschichten, die um Valentin ranken und ihn berühmt machten, sind Legenden: Die Tradition des Valentinstags wird heut zumeist auf den Bischof von Terni zurückgeführt, der einige verliebte Paare christlich getraut haben soll, darunter auch heidnische Soldaten, denen dies aber verboten war. Dann gibt es u.a. auch die Geschichte von einem Gefangenen namens Valentin, der die blinde Tochter des Kerkermeisters zu heilen versuchte. Unmittelbar nach seiner Hinrichtung, erhielt das Mädchen ein Brieflein von Valentin, aus dem beim Öffnen eine Blume fiel. Kaum hatte sie diese in den Händen, konnte sie wieder sehen. Völlig klar, dass sich der Vater demzufolge zum Christentum bekehrte.

 

Im Jahre 1836 wurden Valentins Überreste in den römischen Katakomben entdeckt. Wahrscheinlich wurden sie dann in 1000 Teile zerlegt, gestiftet oder verkauft, denn überall auf der Welt behaupten nun Menschen, eine Reliquie des Heiligen Valentin zu besitzen. Der vermutlich bekannteste Wallfahrtsort ist die Karmeliterkirche in Dublin, wo die Gebeine seit 1835 ruhen sollen. Aber auch Gemeinde dieser Städte (und das sind nicht alle), geben an, ein Stückchen vom Leichnam Valentins zu besitzen: Roquemaure (Frankreich), Glasgow, Wien, Birmingham, Breslau, Worms, Rom und jetzt auch Lesvos, auch wenn man der Insel die Reliquie unterschlagen hat und diese seit Jahren in Athen logiert.

 

Obwohl Valentin an seinem Tag auf Lesvos durch Abwesenheit glänzte, hätten ihn seine Anhänger bitter nötig gehabt, denn manch eine Liebe wurde das zerstörende Hochwasser auf eine harte Probe gestellt. Den ganzen Winter lang ist soviel Regen auf die Insel niedergegangen, dass das Eiland nun versumpft ist, Weiden wie Seen daliegen, Flüsse über die Ufer getreten und überall neue Wasserläufe entstanden sind.

 

Selbst hier in Molyvos steigen bislang unbemerkte Flüsse meterhoch über ihre Ufer, und ihre Fluten setzen Häuser und Keller unter Wasser, lassen Mauern einstürzen, zerstören Straßen und spülen Wege fort. In manch einem Haushalt strömt das Wasser nicht allein aus den Kränen, sondern auch mit ungeheurer Wucht durch Zimmer und Gärten.

 

Es war der nasseste Karneval überhaupt, auch wenn der närrische Umzug durch Molyvos unter strahlendblauem Himmel stattfand. Die Götter hatten Erbarmen, seit 2 Tagen hat es nicht geregnet, und trotzdem, die Bräuche, am Rosenmontag (Kathari devtera – Sauberer Montag), Drachen steigen zu lassen und ein romantisches Picknick in der Natur zu genießen, davon war beim Anblick der sumpfigen Wiesen und unter Wasser stehenden Felder abzuraten, denn die warme Sonne konnte sie nicht schnell genug trocknen.

 

Aber Familien und Freunde stürmten die Restaurants, um sich noch einmal ausgiebig an gutem Essen zu stärken, denn heute hat die 40-tägige Fastenzeit begonnen. Tja, und der arme Valentin muss eben noch geduldig ein weiteres Jahr warten, bis er in die Ermou-Straße nach Mytilini heimkehren kann.