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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Arbeiten am Parthenon in Athen

Arbeiten am Parthenon in Athen

 

3.Juni 2010 - Ein neuer Parthenon

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

In der letzten Zeit gibt es neben dem Wort „Einsparungen“ (Perikopes) noch 2 Vokabeln, die mehrmals täglich in den Nachrichten Griechenlands genannt werden: Kabotage und Kallikrates.

 

Bislang habe ich gedacht, dass „Kallikrates“ mit „gutes Land“ zu übersetzen sei (kalli von kalo = gut, krates von kratos = Land). Ich lag falsch, denn Kallikrates war einer der beiden Architekten, die im 5. Jahrhundert v. Chr. den Parthenon auf der Akropolis in Athen errichteten (Iktinos war der andere). So gehört schon eine Menge Mut, Phantasie und vielleicht auch etwas Arroganz dazu, die Einsparungsmaßnahmen, die das ganzen Land durcheinander wirbeln werden, den Namen „Plan Kallikrates“ zu geben, nach eben diesem illusteren Architekten, der das berühmteste Bauwerk Griechenlands geschaffen hat. Ich bin mir nicht sicher, ob viele Griechen bislang wussten, wie der Architekt des Parthenon hieß, aber ich denke, diesbezüglich hat nun ein jeder diese Lektion im Fach Geschichte nachgeholt. „Plan Kallikrates“ ist die umfassendste kommunale Gebietsreform in der jüngsten Geschichte Griechenlands. Aus heute 1034 Städten und Gemeinden sollen 370 werden, was bedeutet, dass viele Dörfer und kleine Inseln zu einer großen Gemeinde zusammengelegt werden.

 

Diese Maßnahme soll nicht nur viel Geld einsparen, sondern auch die Verwaltung des Landes wesentlich erleichtern. Derzeit gibt es so viele Bürgermeister, Gouverneure und andere tonangebende Figuren, dass viele Projekte einfach in einem Wirrwarr von Bürokratie und Vetternwirtschaft gestrandet sind.

 

Wer die Griechen kennt, der weiß, wie abgeneigt sie jeglicher Veränderung gegenüber sind, und jetzt diese Vorstellung, dass ihr Dorf auf einmal zu einem benachbarten Dorf gehören soll. Wie schrecklich wird das denn, sich nicht mehr bei seinem Bürgermeister ausheulen zu können, sondern sich an jemanden wenden zu müssen, den man gar nicht kennt...

 

Auch viele Menschen auf Lesvos waren strikt gegen diesen Plan, vor allem, als jetzt bekannt wurde, dass die 13 Gemeinden zu einer einzigen vereinigt werden sollen. Das würde bedeuten, dass Agia Paraskevi, Agiassos, Gera, Eressos-Antissa, Evergetulas, Kalloni, Thermi-Loutropoli, Mandamados, Mytilini, Molyvos, Petra, Plomari und Polichnitos unter das Regiment eines Bürgermeisters fallen werden! Es gibt einige Menschen, die diesem Kallikrates-Plan freudig zustimmen, da sie sich damit erhoffen, dass endlich Lösungen für schon lang bestehende Probleme gefunden werden, wie z.B. hinsichtlich einer neuen Müllverbrennungsanlage sowie einer Elektrizitätszentralstelle, die bislang keine Gemeinde in ihrem Bezirk haben wollte. Die Gegner des Plans geben zu bedenken, wie jemand, z.B. aus Mytilini, die Probleme in Plomari lösen soll. Tja, und deshalb sieht es jetzt auf Lesvos aus, wie in vielen Teilen des Landes: Menschen sind in Mytilini auf die Straße gegangen, um gegen den „Plan Kallikrates“ zu protestieren.

 

Ich weiß nicht, auf welche Seite ich mich schlagen soll. Es ist schon praktisch, den Bürgermeister im eigenen Dorf zu haben, weil man ihm, wenn man ihn in der Taverne trifft oder am selben Strand liegt, jederzeit auf die Pelle rücken und ihn so nebenbei mal eben mit einem Problem konfrontieren kann. Auf der anderen Seite ist es natürlich Wahnsinn, das Personal von 13 Gemeinden zu finanzieren, wovon eh ein Großteil den ganzen Arbeitstag mit Kaffeetrinken verbringt.

 

Ein anderer Plan, der die griechische Bevölkerung auf die Straße trieb, wird mit dem Wort bezeichnet, dass ich auch nicht kannte: „Kabotage“. Wikipedia erklärt es so: „...das Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen (bzw. das Recht dies zu tun)...

Kabotage war in Griechenland nicht erlaubt, um so die eigene Wirtschaft und Arbeitsplätze zu schützen und zu forcieren. Das Verbot hatte zur Folge, dass ausländische Kreuzfahrtschiffe offiziell in Griechenland mehrere Häfen nicht anlaufen konnten, denn Passagiere von einer Insel zur anderen zu schippern, fiel unter das Kabotageverbot. Letzten April wies man die Passagiere eines unter maltesischer Flagge registrierten Kreuzfahrtschiffs ziemlich brutal darauf hin, indem sie von Demonstranten daran gehindert wurden, in Piräus an Bord zu gehen. Die Protestierenden machten damit ihrem Unmut gegen die geplante Aufhebung der Kabotage für Kreuzschiffe Luft. Die Touristen wurden dann durch die Reedereigesellschaft für eine Nacht in Hotels untergebracht.

 

Alle Proteste nutzten nichts: Das neue Gesetz wurde verabschiedet, aber der Wirtschaftsminister ist den Demonstranten einen kleinen Schritt entgegengekommen und versucht sie mit folgender Auflage zu beschwichtigen: 10% der Besatzung aller Schiffe, die zukünftig Kabotage ausüben, muss griechischer Nationalität sein!

 

Tauscht man den Anfangsbuchstabe aus, so wird aus Kabotage ganz fix Sabotage. Man kann schon fast den Eindruck habe, dass ein Teil der Griechen Spaß daran hat, den anderen Teil der Bevölkerung zu sabotieren: So viele Menschen in Griechenland leben vom Tourismus, und das in dieser Zeit der globale Krise mehr schlecht als recht. Wieso sieht der sabotierende Teil nicht, dass er durch seine Aktionen den Tourismus noch mehr herunterzieht?

 

Lesvos hat mit Sabotage und Kabotage nichts am Hut. Die Kreuzfahrtschiffe, die hier anlaufen, kann man an einer Hand abzählen. Aber vielleicht ist der „Plan Kallikrates“ gar nicht mal so schlecht, birgt er doch die Chance in sich, dass die Griechen zukünftig gemeinsam in eine Richtung blicken werden.

 

Der Parthenon überstand 307 v. Chr. das Sakrileg von Demetrios Poliorketes, einem mazedonischen Eroberer, der es sich, nachdem er Athen eingenommen hatte, mit seinen Huren in einem hinteren Zimmer des Gebäudes bequem machte. Im 6. Jahrhundert wurde der Tempel in eine Kirche umgewandelt, die der

Jungfrau Maria geweiht war, unter den Osmanen in eine Moschee umgestaltet, die im Krieg gegen Venedig ein Munitionslager beherbergte. 1687 wurde der Tempel durch ein Geschoss getroffen, das Lager explodierte und die Beschädigungen waren enorm. Umfangreiche Teile wurden 1801 von einem Lord Elgin entfernt und nach England gebracht. Der Streit über die Rückgabe hält noch heute an.

 

Nun wurde das Gebäude restauriert, steht stolz hoch oben auf der Akropolis und die neue Regierung unter Papandreou hat den Namen seines Architekten auserwählt, um Griechenland als neuen Tempel aus dem tiefen Tal seiner schrecklichen Krise herauszureißen. Die Bauzeit des ursprünglichen Parthenon nahm ca. 10 Jahre in Anspruch. Ich hoffe, der Aufbau des Neuen Griechenlands geht etwas schneller vonstatten...