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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Wandern auf Lesvos
27.Mai 2010 - Wanderparadies
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Unter den begeisterten Wanderern hat sich Lesvos eigentlich noch keinen
großen Namen gemacht. Aber ich denke, dass die Insel eine noch
unentdeckte Schatztruhe mit den schönsten verborgenen Wanderstrecken
Europas ist, allein schon dadurch, dass ihre Natur noch unzertrampelt
von Touristenmassen daliegt. Abgesehen von den wenigen Organisationen
auf Lesvos, die sich aufs Wandern spezialisiert haben und ihr Bestes
tun, um es unter den Liebhabern dieser „Sportart“ zu fördern, ist man
abhängig von noch nicht einmal einer Handvoll Wanderbüchern.
Die
üppig grüne Natur und der landwirtschaftliche Charakter machen Lesvos zu
einem riesigen Wanderparadies, in dem bestellte Felder, Eichen-,
Kastanien- und Tannenwälder, neben weitläufigen Olivenhainen sich
abwechseln. Berge und grün bewachsene Hügel bieten atemberaubende
Ausblicke, verborgene archäologische Schätze sorgen unterwegs für kleine
Highlights. Kleine Kirchlein und urige Dörfer laden, kühlen Oasen
gleich, ein für die Rast zwischendurch. So eine Vielfältigkeit erwartet
Sie hier, dass Sie die Möglichkeit haben, bei nur einem Spaziergang
gleich mehrere Landschaftsformen in sich aufnehmen zu können.
Die
Wege variieren zwischen schmalen Eselspfaden (Monopatia), alten
verfallenen, mit großen Steinen gepflasterten Verbindungen von Dorf zu
Dorf (Kalderimes), Schotterpisten und, wenn es sich wirklich nicht
vermeiden lässt, auch manchmal einem Stückchen Asphaltstraße. Sollten
Sie sich aufmachen zu einem längeren Spaziergang, so wird Ihnen nur ab
und an vielleicht ein Bauer in seinem Pick-up oder mit seinem Esel,
unterwegs zu seinem Stück Land, begegnen. Die Bauernhöfe, auf die Sie
unterwegs stoßen, bestehen aus einer aus Holz- oder Schrottteilen
zusammengeschusterten Behausung für Schafe, Ziegen, und Kühe (seltener
Schweine). Die gackernden und herumscharrenden Hühner werden Ihnen keine
Beachtung schenken, jedoch die Hofhunde werden Sie indes neugierig
beschnuppern, wenn sie nicht –wie häufig- an der Kette liegen und Sie
nur bellend begrüßen können. Ach ja, da sind noch die Katzen auf dem
Hof, die bei Ihrem Anblick entweder scheu das Weite suchen, oder als
Aufforderung zum Kraulen ihr Köpfchen an Ihrem Bein reiben werden. Ihren
weiteren Weg, werden trällernde Vögel, ab und an ein Igel oder eine
Schildkröte begleiten. Tja, das war es dann an Lebewesen, die Ihnen auf
Ihrer Wanderung durch diese Idylle begegnen werden.
Eindruckerweckende riesige Platanen, uralte und eigenwillig geformte
Olivenbäume, undurchdringbare Hecken von Erdbeerbäumen, Lorbeer- und
Mastixsträuchern winden sich den Pfaden entlang, dunkelgrüne
Farngewächse wuchern über quirlige Bäche und exotische Blumen leuchten
auf in der Nähe von prasselnden Wasserfällen. Im Frühling nicken Ihnen
die Orchideen zu, meist inmitten einem Meer von anderen Boten des
Vorsommers, und dann, im Herbst, sind es die Früchte tragenden wilden
Weinreben, Feigen-, Apfel-, und Kastanienbäume, die Ihr Entzücken
erregen werden... Na, klingt das nicht, wie im Paradies?
Tja, und doch kann es plötzlich vorbei sein mit diesem paradiesischen
Zustand, nämlich dann, wenn Sie sich verirren. Aber, keine Sorge, so
ausgestorben, wie Ihnen die Landschaft gerade auch noch vorkommt, sie
ist es ja in Wirklichkeit nicht. Sie können nicht verloren gehen, denn
so weit können Sie sich gar nicht von der bewohnten, wenn auch hier und
da dünn besiedelten Welt entfernen, und nach kurzer Zeit werden Sie
sicherlich einen einsam vor sich hin werkelnden Bauern antreffen, den
Sie nach dem Weg fragen können.
Aber ich gebe zu, dass es manch einen Wanderfreund ärgern wird und er
den Spaß verliert, wenn er den einen oder anderen überflüssigen
Kilometer in unbekanntem Gebiet suchend auf sich nehmen muss,
insbesondere dann, obwohl er ein Wanderbuch Rat suchend bei sich trägt.
Aber es kann passieren, entweder, weil man unaufmerksam gelesen hat, die
Übersetzung falsch oder der Wanderführer überholt ist, weil natürlich
eine Landschaft sich über die Jahre verändern kann, denn Lesvos lebt:
Zäune wurden gezogen, ein schönes Feld wurde durch ein verschlossenes
Tor unzugänglich gemacht, Wege sind durch überwuchernde Hecken
unsichtbar geworden, angegebene wegweisende Bäche ausgetrocknet, Straßen
überspült und weggerissen und auf einmal ist ein beschriebener Sandweg
asphaltiert...
Autoren, die seriös sind und ihre Arbeit ernst nehmen, überprüfen daher
auch regelmäßig, ob die Routen in ihren veröffentlichten Büchern auch
noch stimmen und informieren die Leser auf ihren Internetseiten über
etwaige Veränderungen, wie z.B. Thomas Schröder, der jetzt im Mai die 5.
komplett überarbeitete Fassung des
Reiseführers
Lesbos im Michael Müller-Verlag veröffentlicht hat, der auch ein
Handbuch für gut beschriebene Wanderrouten ist. Ein weiteres positives
Beispiel dafür ist der Engländers Mike Maunder. Im Jahre 2000 brachte er
seine erste Ausgabe „Mithimna Walks“ auf den Markt. (Mithimna ist der
altgriechische, jetzt auch wieder offiziell (und sonst von niemand)
genutzte Name von Molyvos). Bereits ein Jahr später erschien die
korrigierte und erweiterte Fassung „On Foot in North Lesbos“, und die
dritte überarbeitete Auflage veröffentlichte er 2003.
Mike hat bewundernswerter Weise nie aufgehört, seine vorgeschlagenen
Spaziergänge abzulaufen, zu kartieren und zu korrigieren, so wiederum im
letzten Jahr, dieses Mal gemeinsam mit der Niederländerin Sigrid van der
Zee, eine begeisterte Wanderin, die seit geraumer Zeit auf Lesvos lebt.
Letzte Woche präsentierten sie stolz die Früchte ihrer Zusammenarbeit:
Die neueste Ausgabe von dem Mike Maunder-Wanderführer
“On Foot in North
Lesvos“, das 25 Wanderungen rund um Molyvos, Petra und Umgebung
zum Inhalt hat. (Anm. der Übersetzerin: Leider gibt’s das Buch nur in
holländischer und englischer Sprache). Ein Nachfolger mit Touren über
die gesamte Insel ist in Planung.
Wenn Sie Interesse an Wanderungen außerhalb von Nord-Lesvos haben und
zudem das Risiko des Verirrens ausschließen wollen, empfehle ich Ihnen,
sich mit Eva Traumann, Gründerin und Herz von
www.wandern-auf-lesvos.de unter
wandern@otenet.gr in Verbindung zu setzen. Sie lebt schon seit
Jahrzehnten auf der Insel, kennt sie wie ihre Westentasche und weiß auch
viel über Natur, Kultur und Geschichte zu erzählen. (Anm. der
Übersetzerin: s. meine Rubrik
"Urlaubsadressen“, Eva vermietet auch ein reizendes Studio in
Molyvos).
Natürlich können Sie auch ohne Führung, Buch, etc., hier wandern, aber
ich denke, dann laufen Sie Gefahr, die schönsten Flecken der Insel, die
z.B. die vorgenannten Lesvos-erfahrenen Wanderfreunde für Sie
herausgefunden haben, zu verpassen. Zu Fuß auf der Insel unterwegs zu
sein, ist wirklich ein Wandern durch ein Paradies, aber ich denke, auch
dabei ist es gut zu wissen, wohin der Weg führt...
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