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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Ein Lesvos-Äpfelchen

Ein Lesvos-Äpfelchen

 

7.September 2010 - Äpfel von Lesvos

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Die große Hitze ist vorbei, und inzwischen riecht man den herben Duft des Herbstes in der Luft. Trauben und Feigen hängen reif zwischen dem Laub, die Sonne scheint schneller zu ermüden, denn sie versinkt nun früher glutrot ins Meer, was die Tage kürzer macht. Die Einmachsaison ist eingeläutet, wäre es doch eine Sünde, die leckeren Früchte sich selbst zu überlassen.

 

Abgesehen von Feigen und Trauben, sind es jetzt auch die Äpfel, die in unseren Schoß fallen. Vor allem die Landstriche um Kalo Limni und die Berge rund um Agíassos sind bekannt für ihre wohlschmeckenden Äpfel: Die Agíassos-Äpfelchen sind ein Begriff auf Lesvos. Es ist eine kleine wilde säuerliche Sorte, die schnell von Würmern befallen wird, drum ist es wichtig, sie unverzüglich nach der Ernte zu verarbeiten, nachdem man sie geschält, in Stücke geschnitten und die schadhaften Stellen entfernt hat. Was machen die Griechen wohl mit dieser Frucht, außer sie nach dem Essen in Scheiben und mit etwas Zimt bestreut als Dessert zu servieren? Apfelmus, Chutney, Pfanne- oder Apfelkuchen sind in der Griechischen Küche praktisch unbekannt.

 

Auf der Suche nach einer Antwort, fand ich im Internet das Rezept für eine Apfelsuppe (milosoepa). Es hat seinen Ursprung jedoch nicht in Griechenland, wahrscheinlich hatten es Einwanderer im Gepäck: Sie wird gemacht mit Gemüsebrühe, Curry, etwas Zitronensaft, einer Zwiebel, Öl, Salz und Pfeffer. Ebenso fand ich die Zubereitungsart für Schweinekotelett mit Apfel, bei der eigentlich nur der Name „Brizoles girinés mé krasi“ griechisch klingt und die wie folgt funktioniert: Die Koteletts in Butter braten, genau wie in einer weiteren Pfanne die Apfelringe. Das Fleisch mit Weißwein ablöschen, die Apfelscheiben hinzufügen, noch einige Minuten mitköcheln lassen, und das Ganze vor dem Servieren mit etwas Zimt bestreuen. Die anderen Gerichte, die ich fand waren: Mit Walnuss gefüllte Äpfel, Äpfel gekocht in Sirup und diverse Backwaren.

 

Wenn Sie sich ein Apfel anschauen, assoziieren Sie bestimmt nicht Griechenland damit, obwohl die Frucht in der griechischen Mythologie nicht nur eine große Rolle spielt: Eine Geschichte beginnt mit der Hochzeit der Meeresnymphe Tethys und dem sterblichen Peleus. Alle Götter des Olymps waren geladen, nur Eris, die Göttin der Zwietracht wollte niemand dabei haben. Klar, dass sie darüber wütend war, und so erschien sie kurz auf dem Fest und warf einen Apfel mit der Aufschrift “Kallisti“ („Der Schönsten“) in die Menge. Daraufhin kriegten sich Hera, Athene und Aphrodite mächtig in die Haare, denn eine jede von ihnen war der Überzeugung, dass ihr diese Bezeichnung zustand. Göttervater Zeus sollte den Streit entscheiden, aber weise, wie er war, gab er diese Aufgabe an den schönsten Mann in der Runde, Paris, den Sohn des trojanischen Königs Priamos weiter. Alle drei Frauen versuchten den Jüngling zu bestechen: Hera stellte ihm Reichtum und Macht in Aussicht, Athena lockte mit Weisheit und Aphrodite versprach ihm die schönste Frau auf Erden, was ihn letztendlich dazu brachte, ihr den Apfel zu überreichen. Pech aber auch, dass die derzeit schönste Frau auf Erden, Helena mit Namen, bereits mit Menelaos, dem König von Sparta verheiratet war. Nichtsdestotrotz machte sich Paris auf den Weg zu der ihm versprochenen Schönheit, und Aphrodite löste ihr Versprechen ein, so dass Helena sich in den Königssohn verliebte und mit ihm nach Troja floh, was dann geschah, ist allgemein bekannt: Der Trojanische Krieg brach aus, denn natürlich wollte Menelaos seine Frau zurückerobern.

 

Die nächste mythische Geschichte webt sich um Herakles, genau gesagt, handelt sie von einer der ihm durch Eurystheus, König zu Mykene, auferlegten Strafaufgaben, weil Herakles in einem Anfall von Wahnsinn Frau und Kinder umgebracht hatte. Das Orakel von Delphi sprach ihm Vergebung zu, wenn er sich 12 Jahre in die Dienste des mykenische Königs stelle und die geforderten Aufgaben erfülle. Die 11. Aufgabe war, sich in den wunderschönen Garten der Hesperiden einzuschleichen, und von einem Wunderbaum goldene Äpfel zu stehlen. Diesen Baum hatte Gaia einst Hera und Zeus zur Hochzeit geschenkt, und seine Früchte verliehen den Göttern ewige Jugend. So einfach war das nicht, denn nicht nur die Hesperiden bewachten ich streng, sondern auch der hundertköpfige Drache Ladon ließ ihn nicht aus seinen vielen Augen. Aber listig wie Herakles war, gelang es ihm mit einem Trick, den Titanen Atlas, der das Himmelsgewölbe trug, für ihn die Äpfel zu pflücken. So konnte er sie stolz dem Eurystheus übergeben, der sie weiter an Athene gab, die diese Früchte wieder zurück in den Garten der Nymphen legte.

 

Einen früheren griechischen Brauch möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang auch noch nahe bringen: Warf man einst jemandem einen Apfel zu, so stand das für die Frage: „Willst Du mich heiraten?“ Das Auffangen des Obstes, bedeutete „Ja!“. Na, wollen wir mal hoffen, dass nicht allzu vielen das Schnappen nicht gelang, denn die konnten sich dann die Hochzeit abschminken. Wenn alles gut ging, kam der Apfel noch mal bei der antiken Hochzeitszeremonie ins Spiel: Nach dem Gesetz des athenischen Staatsmannes Solon (geb. 640 v.Chr.), musste das griechische Brautpaar Äpfel (oder Quitten) essen, um die Nachkommenschaft zu sichern (Anm. der Übersetzerin).

 

Und so sind Äpfel in der Tat Teil des griechischen Lebens: Sie wachsen in kleinen Obsthainen und verschollen in wilden paradiesischen Berglandschaften hier auf der Insel. Ich will nicht sagen, dass Lesvos ein Apfel-Paradies ist, aber doch ein Frucht-Paradies. Im Jahr 401 v.Chr. war der griechische Geschichtsschreiber Xenophon dermaßen fasziniert von den ummauerten Obstgärten, die er im Persischen Reich gesehen hatte, dass er gleich, zurück in Griechenland, auch einen solchen anlegte und gleich die persische Vokabel „pairidaeza“ (= Umzäunung) als Wort für „Ummauerten Garten“ in den griechische Wortschatz einführte, von wo es über den christlichen Kontext (lat.: paradisus) zum mitteleuropäischen „Paradies“ wurde

 

Das Lesvos komplett ummauert ist, kann ich ja nicht sagen, aber ist nicht die herrliche See eine natürliche Mauer für dieses riesige Fruchtparadies?