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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Kapernpflanze

 

10.Juni 2010 - Kápari

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Über das, was es in Griechenland in früherer Zeit zu essen gab, sind wir heutzutage gut informiert, denn wir verfügen nicht nur über die Aufzeichnungen der Philosophen und Geschichtsschreiber der Antike, sondern auch Ausgrabungen sowie archäologische Untersuchungen geben Aufschluss über die Essgewohnheiten der alten Griechen.

 

Somit ist es kein Geheimnis, dass bis zum 5 Jahrhundert vor Christus viel Brot, und zwar hauptsächlich Gerstenbrot, gegessen wurde. Anderes Körnerbrot kam erst später auf den Tisch, nachdem verschiedene Getreidesorten zunächst über den Handelsweg Griechenland erreichten und alsdann auch dort angebaut wurden. Gebacken wurde daheim oder in einem dörflichen Gemeinschaftsofen. Als diverse Vollkornbrote den „Gerstenfladen“ verdrängten, lebte das Bäckerhandwerk in den griechischen Städte auf und verkaufte das tägliche Brot.

 

Zum Frühstück und Mittagessen tunkten die alten Griechen ihr Brot in einen mit Wasser verdünnten Wein und aßen ein paar Oliven oder getrocknete Feigen dazu. Die Hauptmahlzeit nahmen sie dann am Abend zu sich, bestehend aus Gemüse, (überwiegend Bohnen und Kohl) und eventuell Fleisch oder Fisch.

 

Kräuter wurden damals noch nicht zur Geschmacksverfeinerung genutzt, sondern galten als Medizin und Aphrodisiakum. Salz war dazu da, um darin Fische einzulegen, und Zwiebeln sollten den Männer Kraft und Stärke verleihen. So sorgte Alexander der Große dafür, dass seine Streitmächten eine Menge davon aßen, in der Hoffnung, dass sie unbesiegbar bleiben würden. Auch Knoblauch hatte diesen Ruf und wurde von den Olympioniken zehenweise vor den Wettkämpfen verzehrt. Generell setzte man die Knollen jedoch gegen Infektionen und Bisswunden ein.

 

Jetzt aber zu den Kapern, denen auch heilende Kräfte nachgesagt wurden, die Theophrastus (372 – 287 v.Chr.), Philosoph und „Vater der Botanik“, geboren in Eressos auf Lesvos, aufzeichnete. Er schrieb, man solle sie einsetzen gegen Völlegefühl, Blähbauch, Aufstoßen und zur Anregung der Magensäfte. Später galten sie als Rheumamittel.

 

Tja, und so servierte man Kapern vielleicht das ein oder andere Mal als Vorspeise, (sie soll appetitanregend sein), und manch ein alter Grieche hat sie sicherlich auch wegen ihrer aphrodisierenden Wirkung zum Symposium (in der Antike ein abendliches Gastmahl, an dem nur Männer teilnahmen) gereicht, aber ich denke mal nicht, dass die griechische Küche zu damaliger Zeit schon eine Kapernsauce oder einen mit Kapernfrüchten bestreuten Salat hergab.

 

Auch heute hinkt Lesvos, was Kapern betrifft, noch ein wenig hinterher. In ganz wenigen Tavernen, so wie der in Ligerí (Liota), bei Gavathás, bekommen Sie einen mit Kapern verfeinerten Salat. Aber Kapern auf Pizza oder Rochenflügel mit Kapernsauce, diese Köstlichkeiten sind praktisch unbekannt auf der Insel und wahrscheinlich auch im restlichen Griechenland, wobei ich zum Rochenflügel bemerken muss, dass er eh immer viel zu durch serviert wird. Es gibt sogar Menschen auf Lesvos, die noch nicht einmal glauben, dass hier Kapernsträucher gedeihen.

 

Ich bin verrückt nach Kapern und verstehe nur allzu gut, warum sie in den Geschäften so schrecklich teuer sind. Das Kaperpflücken ist eine Höllenarbeit und nimmt unglaublich viel Zeit in Anspruch, denn sie sind so klein, dass für das Füllen eines Töpfchens rasch eine Stunde vergeht. Im Gegensatz zu Erdbeeren, Kirschen, Maulbeeren, Aprikosen und Pflaumen, die ja nur so danach schreien gepflückt zu werden, ist die Ernte dieser Blütenknospen eine wahre Expedition, denn der stachelige Kapernstrauch will gesucht werden, und zwar nah an den Küsten des Meeres, auf steinigem Boden.

 

Hat man die Ausbeute dann endlich nachhause gebracht, geht es ans Einmachen, was etwas schwieriger ist, als bei Kernobst, dass ja nur entsteint werden muss: Tagelang werden die Kapern eingeweicht, wobei das Wasser täglich erneuert werden muss. Danach wird es in Salzwasser, Essig und einer Kräutermischung eingelegt. Hat man dann aber erst einmal die Vorratskammer stolz mit einigen Gläsern dieser Köstlichkeit erweitert, lässt das schnell die schmerzhaften Kratzer und Schrammen an den Händen, die der stachelige Strauch einem zufügte, vergessen, ebenso wie der fast erlittene Hitzschlag oder Sonnenstich beim mühseligen Pflücken, wenn man sich über eine mit Kapern belegte Pizza hermacht oder sich an einem mit Kapern verfeinerten Rübensalat ergötzt.

 

Auch wenn Griechen in der Antike ausschweifende und – mag man den Historikern Glauben schenken – sehr interessante Festessen zu veranstalten wussten, die sie philosophierend und debattierend mit Wein herunterspülten, so möchte ich dennoch nicht in dieser Zeit gelebt haben wollen, denn es sind seitdem so viele tolle neue Produkte, wie z.B. Tomaten, Auberginen und Kartoffeln, in die Griechische Küche eingeflossen, dass sie eine enorme Veränderung erfahren hat und ganz anders gestaltet ist. Stimmt schon, dass sie damals viele kluge Philosophen hatten, die Bücher über Pflanzenkunde schrieben oder die Basis für die heutige medizinische Wissenschaft legten (Hippokrates ca. 460 – 370 v. Chr.), aber was das Essen angeht, da hat sich doch seitdem eine Menge getan und wir sind ihnen weit voraus…