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BOULEVARD-NEWS LESVOS
Der Eftalou-Fluss
2.Februar 2015 - Das Barometer steht auf Sturm
Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski
Ein
neuer Wind weht durch Griechenland, der dem größten Teil der Bevölkerung
Hoffnung spendet. Der Staub, den er aufwirbelt und der sich auch auf
die anderen europäischen Länder setzt, ist wie der afrikanische
Sahara-Sand der uns eine Woche später mit einem schweren Südsturm
erreichte und viele Landesteile verwüstete. Athen wurde überdeckt von
einer
staubigen roten Dunstwolke und auch die Sonne über Lesvos blieb
hinter einer nebelartigen Wand aus feinem Wüstensand und Staub
verborgen, die von Stürmen begleitet wurde.
Über die neue griechische Regierung und deren Chef „Sexy Alexi“, wie der
neue Ministerpräsident in seinem Land genannt wird, gibt es in den
Medien eine Fülle von Informationen, und ich mag gar nichts mehr darüber
schreiben, nur soviel: Die Griechen haben wieder neuen Lebensmut und das
trotz des derzeitigen schlechten Wetters, dass sich grau verhangen und
reichlich nass präsentiert. Der Sommer scheint so weit weg, wie die
Fähigkeit Europas, eine Lösung für die wirtschaftliche Lage
Griechenlands zu finden.
Zur
Wetterlage auf Lesvos: Bereits im Dezember mussten wir Eiseskälte und
Schnee ertragen, einen Monat später zog Wärme über die Insel, jedoch
gewürzt mit reichlich viel Regen, und in den letzten Tagen wurden wir
mit einem heftigen Saharasturm konfrontiert, der so manchen Baum zu Fall
brachte, massive Schäden an den Häusern anrichtete und als wäre das noch
nicht genug, drehte der verheerende Starkwind später in westliche
Richtung, was zu noch mehr Zerstörung führte.
Nun, es ist nicht wirklich oft, dass solch schwere Stürme über Lesvos
ziehen. Wenn Sie wissen möchten, wie Ihre Urlaubsinsel jetzt im Winter
aussieht, dann schauen Sie mal:
Das
tobende Meer vor
Skala Kalloni und auch
Skala Eresou ist nicht sicher vor mannshohen Wellen. In Mytilini
blieben am Montag die Schulen wegen des schweren Sturmes, des in jede
Ritze kriechenden roten Wüstensandes und der über die Kaie
brechenden Wassermassen geschlossen. In Plomari fiel ein
Baum um, traf eine Versorgungsleitung, wodurch ein Großteil des
Städtchens 12 Stunden ohne Strom war. Bei uns im Norden der Insel kam
und ging der Strom in einer Tour an und aus und an und aus…kein Wunder,
dass elektrische Geräte hier keine lange Lebensdauer haben.
Am
„Eftalou-Boulevard“ war es nur ein einziger Baum, den nichts davon
abhielt, trotz des Unwetters baden zu gehen, obwohl in den Hügeln, wie
auch auf der ganzen Insel, einige Farmen ziemliche Schäden hinnehmen
mussten. In der letzten Nacht schleuderte das rauchende Meer wieder
Teile des Strandes auf die Straße, die sich schon seit Tagen als Bach
Richtung Meer kräuselte, und sich inzwischen zu einem reißenden Fluss
entwickelt hat, den ich selbst mit Gummistiefeln nicht mehr durchwaten
mag.
Derweil der Sandsturm über das Land fegte, erschien im Internet eine
Auflistung der 15 magischsten Straßen der Welt, die durch ihre
Bepflanzung faszinieren. Ins Leben gerufen hat diesen Wettbewerb „Bored
Panda“, tja und was finden wir da auf dem ersten Listenplatz? Die
Agora in Molyvos mit ihrem atemberaubend schönen Blauregen, der
die Gasse immer wieder im Frühjahr in einen faszinierenden
blasslila-farbenen Blütentunnel verwandelt! Puh, was war das für eine
Panik vor einigen Jahren, als man feststellte, dass diese großartige
Kletterpflanze krank war. Ich bin schon etwas besorgt, da ich sie jetzt
Staunässe und an ihr zerrenden Stürmen ausgesetzt weiß, aber ich bin mir
auch sicher, dass die Anwohner dort alles an Hege und Pflege geben
werden, damit die Schlingpflanze bald wieder ganz stolz ihren duftenden
Blütenschmuck präsentieren kann.
Ganz anders sieht es mit dem, den schweren Stürmen schutzlos
ausgelieferten „Boulevard“ in Eftalou aus. Obwohl er inzwischen stark
beschädigt ist, wird er nicht repariert, was aber auch einen Vorteil
hat: Geschwindigkeitsfanatiker müssen sich hier zurückhalten, wenn sie
nicht im Meer landen wollen. Andererseits zeigen die Schäden aber auch,
wie tief sich das Land in der Krise befindet, und es stellt sich die
Frage, inwieweit und wie bald die angestrebten Veränderungen der neuen
Regierung den Weg daraus führen werden.
Fakt ist, dass der erste Monat des Jahres wie ein Sturm über
Griechenland hereinbrach: Zunächst ein politischer Erdrutsch und dann
ein echter Sturm, der das Land verwüstete und mit einer afrikanischen
Sandschicht bedeckte. Die Schäden sind beträchtlich und mancherorts
nicht mehr zu reparieren, wie z.B. die an der historischen steinernen
Bogenbrücke von Plaka in Epirus, welche durch die starken
Regenfälle zusammenbrach und deren Bruchstücke der Fluss davon trug.
Aber dank des politischen Sturms haben die meisten Griechen Mut gefasst,
werden einmal tief durchatmen und sich dann daran machen, Staub und
Krise wegzuwischen. Der Saharastaub hat es nicht geschafft, die Freude
über den politisch historischen Januar 2015 zu überdecken, und wenn in
ein paar Monaten der Blauregen in der Agora von Molyvos blüht, wird es
kein Jammern und Schimpfen mehr geben, sondern munteres Zukunfts- und
Pläneschmieden für ein neues Griechenland!
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