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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Die Skulptur des Klapados-Wasserfalls
8.November 2011 - Lasst das Wasser fallen
Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski
Am
4. November erschien in der Lesvos-Zeitung „Embros“ ein Artikel von
Chrisidoe Vangelio, der darüber berichtete, dass eine Gruppe von
Naturliebhabern herausgefunden habe, dass sich auf der Inseln mindestens
14 Wasserfälle befinden, die einen Besuch wert seien. Besonders das
Umfeld der Dörfer Parakila, Skoutaros, Messotopos, Vatoussa,
Mandamados, Antissa, Pelopi und Eressos scheint reich an diesem
Naturschauspiel zu sein.
Wenn Sie im Internet die Wasserfälle in Europa recherchieren, finden
gerade mal zwei Schauplätze in Griechenland Erwähnung: Die Wasserfälle
von Edessa, ca. 100 km nordwestlich von Thessaloniki und der Wasserfall
in der Richtis-Schlucht auf Kreta. So kann die Insel Lesvos stolz sein
auf ihre 14 Wasserfälle, von denen der bei Eressos (Kriniloe) der größte
ist.
Ich
konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, als ich in dem Zeitungsbericht
las, dass eben diese Gruppe von Naturliebhabern den Inselrat um
Unterstützung dabei gebeten hat, Gelder aus Europa zu bekommen, damit
die Werbetrommel für diese Wasserfälle geschlagen werden kann und diese
einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden, was bedeuten würde,
Straßen und Wege dorthin anzulegen. Na, wie wird wohl Europa in der
jetzigen Krisenzeit auf die bettelnde Hand einer griechischen Insel
reagieren, wo es doch derzeit genug Geld für die ganze Nation ausspuckt?
Oder meinen die wirklich, da gibt’s noch einen Wasserfall-Töpfchen, aus
dem man sich bedienen könnte? Es wäre doch echt grotesk, wenn da jetzt
wirklich Geld fließen würde, um Wege zu einem mühsam zu erreichenden
Wasserfall zu ebnen, wenn auf der anderen Seite, wegen fehlender
Finanzmittel, ein großer Teil der bestehenden Verkehrswege auf Lesvos
immer mehr verrotten. So wird es z.B. mit etwas Pech im nächsten Sommer
keine Straße mehr nach Eftalou geben, da diese inzwischen so beschädigt
ist, dass kommende harte Winterstürme, sie im Meer verschwinden lassen
können.
Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist ja nicht so, dass ich es den
Menschen nicht gönne, die Wasserfälle zu entdecken, aber man kann sie ja
jetzt auch besuchen. Klar, man muss dafür schon wissen, wo sie zu finden
sind und gut zu Fuß sein, und selbst dann, hat man eine wahre
Meisterleistung erbracht, wenn man sie über rutschige Eselspfade, die
meist an steilen Abgründen entlang führen, erreicht hat.
In
der letzten Woche war ich beim Klapados-Wasserfall, der nicht nur allein
sehr imposant ist, sondern auch sein wasserreicher Platz, mit vielen
großen launisch geformten Platanen strahlt eine paradiesische Atmosphäre
aus. Obendrein umgibt ihn eine beeindruckende Stille, und ich darf,
ehrlich gesagt, gar nicht darüber nachdenken, ihn zukünftig zusammen mit
einer Busladung Touristen zu erleben, die ihrem Entzücken mit lauten
„Ahs“ und „Ohs“ Ausdruck verleihen, während ihre Kinder kreischend im
Wasser planschen. Also, wenn schon Wege, dann bitte auch Schilder mit
dem Hinweis: „RUHE!“.
Das
Problem der Wasserfälle auf Lesvos ist jedoch nicht nur allein, dass sie
so mühevoll zu erreichen sind, sondern auch, dass nicht zu jeder Zeit
Wasser vorhanden ist. Der einst so beeindruckende Pessa-Wasserfall bei
Achladeri, z.B., war vor 2 Jahren, als ich ihm meinen letzten Besuch
abstattete, zu einem mickrigen Rinnsal geschrumpft, da Bauern das
Wasser, das ihn versorgte, illegal abgezapft haben, so dass er selbst im
Winter schier ausgetrocknet dalag. Die Crux an der Sache ist, dass
gerade dieser Wasserfall derzeit der einzige auf der Insel ist, zu dem
beschilderte Wege führen und nun von seiner einstigen Pracht keine Rede
mehr sein kann.
Auch beim Besuch des Kriniloe-Wasserfalls stellt sich ein weiteres
Problem ein: Der Besitzer hat das gesamte Terrain abgesperrt, und eine
Besichtigung ist nur nach vorheriger Absprache möglich. Dazu gezwungen
wurde er, als vor einigen Jahren Vandalen (ja, leider gibt es sie auch
vereinzelt auf Lesvos) in diesem Paradies ihrer Zerstörungswut freien
Lauf ließen.
Aber, wie schon vorher erwähnt, wird nicht jeder Wasserfall immer mit
genügend Wasser gespeist, um prachtvoll in die Tiefe zu donnern, und so
ist auch der von Klapados im Sommer trocken, wenn es dann auch im
Herbst/Winter wenig regnet, bleibt der Fall auch dann aus, und so fand
ich ihn dann letzte Woche vor. Die 2 Regentage, die wir seit dem Sommer
hatten, reichten nicht aus, das Nass plätschernd an der steilen
Felswand herabstürzen zu lassen, und so hatte ich freie Sicht auf eine
faszinierende Skulptur aus Baumwurzeln, die sich dort ihren Weg zum
Wasser bahnen.
Die
anhaltende Trockenheit bringt auch mit sich, dass trotz der richtigen
Jahreszeit kaum Pilze auf Lesvos zu finden sind. Sind wir im letzten
Jahr nur so über diese Delikatessen gestolpert, muss man nun schon die
feuchtesten Plätze der Insel aufsuchen, um die beliebten Pfifferlinge,
Pfeffermilchlinge (Lactarius piperatus) und Kaiserlinge (Amanita
caesarea) zu finden.
Na,
ich empfehle den Naturfreunden, welche die Wasserfälle von Lesvos
fördern wollen, mit einem Regentanz zu beginnen und einen Geldtanz
nachzulegen. Tja, und auch für mich gilt es, in diesem Winter ein
Tänzchen zu machen, einen Reigen um die Insel, um noch weitere 10
Wasserfälle aufzuspüren, denn ich kenne nur die von Mandamados.
Klapados, Pessas und Kriniloe…
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