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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Robbeninsel
5.Januar 2011 - Das Robben-Eiland
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Obwohl ich
zugeben muss, dass ich bei jedem Jahreswechsel voller Wehmut an die
vielen erlebten Silvesternächte, mit prachtvollem lebhaften Feuerwerk,
in Amsterdam zurückdenke, gibt es für mich keinen besseren Ort, als in
einem neuen Jahr hier auf der Insel zu erwachen. Der letzte Tag des
vergangenen Jahres, hielt schönes Wetter für uns bereit, und am 1.
Januar war der Himmel wiederum klar und blau. Die Grippe, die ich
derzeit mit mir herumschleppe, hatte auch etwas Positives, denn der
übliche Champagnerkater blieb mir erspart, und ich erwachte ganz langsam
in meinem von Sonnenschein warm durchfluteten Schlafzimmer, in einem
solch fantastischen Licht, in dem ich für immer schwelgen könnte. Nichts
erinnerte an die Hitzewellen des vergangenen Sommers.
Unter all
den düsteren Nachrichten über Steuern, Revolten, politischen Spannungen,
etc., der letzten Zeit, leuchtete eine Meldung wie ein Licht im dunklen
Tunnel und stimmte mich für 2011 zuversichtlich: Forscher haben eine
neue Robben-Kolonie auf einer griechischen Insel gefunden. Der Name des
Eilands wird geheim gehalten, damit die Tiere sich nicht aus Angst vor
den Menschen in Höhlen – wie im übrigen Südeuropa – zurückziehen müssen,
sondern frei in der Natur leben können. Die Wissenschaftler sind von
ihrer Entdeckung begeistert und berichten, dass die Robben dort
unbeschwert am Strand sonnenbaden.
Auch ich saß
am 1. Januar draußen, um den herrlichen Sonnenschein zu genießen und
stellte mir mit Vergnügen vor, dass auch die Robben – wie ich - einen
fantastischen Neujahrstag hatten, sich über den warmen Sand rollten und
von einem Jahr mit viel frischem Fisch träumten.
Die
Mittelmeer-Mönchsrobbe (Monachus monachus) ist eine vom Aussterben
bedrohte Art, die an einigen Küsten des Schwarzen Meeres, des
Mittelmeers und an einer Stelle der Atlantikküste Afrikas vorkommt. Ihr
wichtigster Lebensraum sind aber die Küsten der griechischen Inseln. Die
verbliebene Anzahl wird zwischen 400 und 600 geschätzt. Sie sind sehr
scheu und leben in kleinen Gruppen an Stränden, die ihnen mit Höhlen
oder Grotten Schutz spenden.
In der
Römerzeit und im Mittelalter wurden sie wegen ihrer kostbaren Haut und
des Fetts gejagt, das man zur Herstellung von Lampenöl nutzte, aber nie
in einem solchen Ausmaß, dass die Robbe vom Aussterben bedroht war. So
rücksichtslos ging man erst in der Neuzeit vor, und die Robben waren
leichte Beute, da sie von Natur aus eigentlich sehr zutraulich sind,
erst jetzt haben sie sich aufgrund der Bedrohung in extrem scheue und
zurückgezogene Tiere verwandelt, die nur selten zu erblicken sind.
Auf Lesvos
trifft man ab und an auf Menschen, die der Mönchsrobbe (es muss eine
solche sein, denn es ist die einzige Art, die hier vorkommt) Aug in Aug
gegenüber standen oder sie beim Schwimmen berührt haben. Also ich kann
mir die Schrecksekunde bei so einem unerwarteten Treffen schon
vorstellen.
Lesvos liegt
schräg gegenüber der türkischen Kleinstadt Foca, in der Antike eine
griechische Siedlung, die den Namen Phokaia (Robbe) trug. Bekannt ist
Foca auch durch die Sirenen-Inseln, die bereits Homer in seiner Odyssee
beschrieben hat. Heute dürfen sie nicht mehr betreten werden, da auf
ihnen einige der letzten Mönchsrobben des Mittelmeeres leben,
gegenwärtig unter der Obhut einer türkischen Umweltschutzgruppe, die in
Foca ihre Basis hat.
Robben
galten als Schützlinge von Poseidon und Apollo, liebten sie doch das
Schwimmen und Sonnenbaden, und begegneten sie einem Schiff, so sollte es
den Seefahrern der Antike Glück bringen. Heutzutage ist es ein seltenes
Glück auf einen solchen Meeressäuger zu treffen, drum lassen wir die
Entdeckung der neuen Robbenkolonie ruhig mal als einen seltenen
Glückstreffer gelten. In Griechenland gibt es ca. 6.000 Inseln von denen
227 bewohnt sind. Die Frage, auf welchem Eiland nun die Forscher fündig
geworden sind, bleibt weiterhin unbeantwortet, und ich bezweifele, dass
es sich dabei um Lesvos handelt, aber vielleicht ist des Rätsels Lösung
eine benachbarte Insel, denn schließlich liegt das Städtchen, dass nach
dem seltenen Tier benannt ist, direkt gegenüber. Also, liebe Leser:
Sollten Sie beim Sonnenbaden oder Schwimmen demnächst zufällig auf einer
unbewohnten Insel oder einem einsamen Strand hier in der Nähe auf eine
Robben-Kolonie treffen, bitte, bitte, bloß nicht weitersagen!
IHNEN
ALLEN EIN GLÜCKLICHES 2011!
Und
vergessen Sie nicht, einen Blick auf mein bald erscheinendes Buch zu
werfen:
“Streunende Esel und Fuchshodeneis“.
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