|
BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Foto von Molyvos aus meinem Buch „Strooilichtezels & Vossenballenijs“
20.Januar 2011- Molyvos
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Methymna, heutzutage meist Molyvos genannt, entstand mehr als 1000 Jahre
vor Christus. Wahrscheinlich waren es die Äoler, die das Städtchen
errichtet haben, ebenso wie etwa um die gleiche Zeit eine Art Zwilling
in der heutigen Türkei: Assos.
Das
uralte Molyvos ist einer der schönsten Fleckchen auf Lesvos. Es liegt
idyllisch auf einem Hügel im Norden der Insel, und obwohl die meisten
Überreste aus der Zeit der äolischen Besiedlung noch tief im Erdreich
schlummern, fasziniert das Dorf mit seinem mittelalterlichen Charakter:
Enge, kopfsteingepflasterte steile Gassen, alte Häuser mit hölzernen
Vorbauten und buntbemalten Balkonen und Fenstern, ein pittoresker
lebendiger kleiner Hafen und über allem thronend, eine stolze Burg, die
zu den touristischen Attraktionen der Insel zählt.
Derzeit ist Kalloni, nach der Metropole Mytilini, die wichtigste Stadt
auf der Insel, es folgen Plomari und Polichnitos. Einst nahm jedoch
Molyvos diese Position ein. Der antike Historiker Thukydides (ca. 460 -
395 v.Chr.) und Xenophon, Schriftsteller, Politiker und Feldherr ( ca.
430 – 354 v.Chr.) nannten Methymna im Zusammenhang mit dem
Peleponnesischem Krieg (ca. 431 – 404 v.Chr.), und die Poeten der alten
Zeiten rühmten die Siedlung wegen ihres vortrefflichen Weines.
Bedeutende Weingärten sind heute hier nicht mehr zu finden.
Im
vorigen Jahrhundert war Molyvos ein armes Fischerdorf, wirtschaftlichen
Aufschwung brachte erst der vor einigen Jahrzehnten einsetzende
Fremdenverkehr. Weitere Einnahmequellen der Region sind noch stets
Fischfang, Olivenanbau und Viehzucht (Schafe und Ziegen). Als 1462 die
Türken das Städtchen einnahmen, nannten sie es Molyvos, ein Name, der
sich, obwohl Lesvos seit 1912 wieder in griechischer Hand ist, weiterhin
durchsetzte. In den 60er Jahren wurde Molyvos unter Denkmalschutz
gestellt und von Touristen entdeckt. Das „Hotel Delphinia“ öffnete als
erstes seine Tore für die immer mehr ansteigende Zahl von Besuchern,
inzwischen ist die Auswahl an Unterkünften groß.
Molyvos schmiegt sich wundervoll an einen Hügel, der zum Teil vom Meer
umgeben ist. Aber es gibt einige griechische Inseln, auf denen es diese
Art malerischer Dörfer gibt, denken Sie nur einmal an Santorini. Was
mich jedoch immer wieder überrascht, sind die vielen Menschen, denen ich
begegne, die ein jedes Jahr immer wieder nach Molyvos zurückkehren (sog.
„repeaters“ ). Manch einer besucht die Insel schon seit 30 Jahren,
einige sind geblieben, und all diese Lesvos-Liebhaber können
interessante Geschichten darüber erzählen, wie es einst in Molyvos war.
Noch zu genau wissen sie nach all dieser Zeit, wie es sie damals hier
hin verschlug. Geschlafen wurde am Strand, legendäre Feste gefeiert, man
verliebte sich, es wurde gemalt und gedichtet, man genoss das
griechische Leben in vollen Zügen, und die Namen von manchen Menschen
werden noch stets ausgesprochen, als handele es sich um mythologische
Figuren. Ja, damals… Da waren noch keine Parkplätze nötig, denn es gab
kaum Autos, staubige Wege, statt gepflasterter Straßen, Hotels nicht
wirklich häufig zu finden, für Transport und Beförderung wurden noch
Esel eingesetzt, und es war noch ein Abenteuer zum herrlichen Strand von
Anaxos zu gelangen.
Natürlich hat sich auch Molyvos in den letzten 30 Jahren verändert. So
sind z.B. einige Häuser dazugekommen, hauptsächlich außerhalb des
Zentrums und man hat gehörig restauriert. Aber immer noch ist Molyvos
und seine Umgebung von betörender Schönheit und entlässt seine vielen
Besucher nach Ende ihrer Urlaubszeit mit dem Gefühl, sich entspannt und
erholt zu haben, die vielen repeaters sind Beweis dafür. Fakt ist, dass
das Städtchen allein im August von touristischem Trubel eingeholt wird,
in den anderen Monaten hält sich der Besucheransturm in Grenzen, und das
griechische Alltagsleben ist authentisch.
Man
hört einige Stimmen, die behaupten, dass dieses Fleckchen Erde eine
gewisse Magie ausstrahle. Vielleicht liegt es daran, dass Molyvos ein
gewöhnliches griechisches Dorf geblieben ist, in dem die Griechen
wohnen und arbeiten und nicht eine jede Straße zum Touristenmagnet
wurde. Man ist sich treu geblieben, hat sich dem Tourismus nicht
unterworfen, so sind z.B. mehrstöckige Hotels hier, wie auch auf der
gesamten Insel, nicht zu finden.
Rund um das Dorf finden Sie die pure Natur: Die hohen Gipfel des
Lepétymnos, weite Olivenhaine und in nicht allzu großem Abstand urige
Bergdörfer, wie Vafiós und Sikaminéa. Tja, nur einen Schritt aus
Molyvos, und man ist mittendrin in der griechischen Natur, in der man
umgeben ist von erquickender Stille, unterbrochen von dem Glockenklang
der herumziehenden Schafe und Ziegen. Vom Dorf aus hat man eine
atemberaubende Aussicht auf das blaue Meer und die ausgestreckte
Nordwestküste der Insel. Nördlich vom Städtchen erwartet einen der Blick
bis hinüber zur Türkei, lang gezogene Kieselstrände mit kristallklarem
Wasser und die Heißen Quellen von Eftalou. Was will man mehr im Urlaub?
Ich
kann nicht mit Sicherheit die Punkte herausheben, die Molyvos so
außergewöhnlich machen, es ist einfach schwierig, die Worte dafür zu
finden, aber eines steht fest, Molyvos strahlt eine solche Ruhe aus,
die bestimmt nicht so einfach in einem anderen Urlaubsziel zu finden
ist. Es ist ein gemütliches, pittoreskes, mittelalterlich anmutendes
Dorf, in dem das Leben noch ohne Hast vonstatten geht, unbeeinflusst vom
Stress und der Hektik großer Städte, wie z.B. Athen. Auch die Griechen
kommen gerne nach Molyvos, um durch die Gassen zu flanieren und im Hafen
in eine der urigen Tavernen einzukehren, Kaffee zu trinken oder eine
köstliche und doch einfache Mahlzeit zu genießen, während die Sonne
zwischen den Masten der auf dem Wasser dümpelnden bunten Fischerboote
untergeht. Molyvos ist ein Fleckchen Erde, an dem man vom Leben nehmen
kann.
Eine Auswahl von Personen, die allein mit dem Tourismus in und um
Molyvos beschäftigt sind (Hoteleigentümer, Autovermieter, Geschäfts- und
Tavernenbesitzer, Eigentümer von Reiseagenturen, etc.) haben sich in
diesem Winter an einen Tisch gesetzt, um zu beratschlagen, wie man das
Dorf noch anziehender machen kann. Auch Ihre Meinung ist gefragt: Auf
der Webseite
www.mymolivos.com ist ein Fragebogen geschaltet, in dem Sie
Ihren Anregungen Ausdruck geben können. Hier wird nicht nur gefragt,
warum Sie dieses Fleckchen Erde als so magisch empfinden, sondern auch
was nicht so gut ist und wie man es verbessern kann. Tja, das sind gute
Fragen…
Mir
schießt sofort in den Sinn, was in meinen Augen ein Unding ist: Da ist
zunächst die Müllverbrennung, die alle Jahre wieder im Herbst startet
und meist den ganzen Winter hindurch andauert, und weiter, kann es doch
wohl auch nicht so ein Problem sein, die Sterilisation von streunenden
Katzen und Hunden von Amtswegen in den Griff zu bekommen, was seit
Jahren durch Privatpersonen organisiert wird.
Vielleicht sind ja einige unter Ihnen, die die Anziehungskraft von
Molyvos in Worte ausdrücken können oder den einen oder anderen Tipp für
unser Dorf haben. Sie haben nun die Chance, etwas zu verändern! Nehmen
Sie sich einfach die Zeit und füllen Sie den Fragebogen aus.
Ich
habe lange mit mir gehadert, ob ich wirklich auf diesen Fragebogen
hinweisen soll. Es ist mir wichtig, dass dahinter nicht die Absicht
steht, das betuliche Dorf in eine Touristenhochburg zu verwandeln, die
Anziehungspunkt für Urlauber wird, die sich nach All-Inclusive-Hotels
sehnen. Also, Menschen, die sich riesige Hotelbunker,
Fast-Food-Restaurants und noch mehr Diskotheken wünschen, sollten die
Finger von dem Fragebogen lassen…
FRAGEBOGEN ÜBER MOLYVOS
|