Zum Autor Alexandros Stefanidis:
Das Buch über die Geschichte seiner Familie und die ihres
Gastlandes ist das Debüt des Journalisten, der in
Heidelberg, Toronto und Thessaloniki Germanistik,
Politikwissenschaft und Soziologie studierte. „Stern“ und
„Die Zeit“ belieferte er mit seinen Arbeiten als freier
Autor, seit 2005 ist er bei der „Süddeutschen“ angestellt,
wo er für die Magazin-Rubrik „Sagen Sie jetzt nichts“
verantwortlich ist. Seine Auszeichnungen: 2007 „Journalist
des Jahres“ (MediumMagazin) und „CNN Journalist Award“ 2008.
Zum Buch:
Ich möchte Alexandros Stefanidis zunächst selbst von der
Taverne erzählen lassen, von der aus seine Familie mit
Souvlaki Deutschland eroberte und damit Geschichte schrieb.
„Als meine Eltern 1963 nach Deutschland kamen, hatten sie
sich wahrscheinlich nie träumen lassen, hier 47 Jahre ihres
Lebens zu verbringen. Ich wurde 1975 in Karlsruhe geboren,
da hatten sie bereits 2 Söhne und führten ein Restaurant,
das „Der Grieche“ hieß. Unser Wohnzimmer. Knapp 40 Jahre,
sieben Tage der Woche, war es für jeden geöffnet. Dort
planten die Grünen in den Siegzigern Protestaktionen,
Joschka Fischer trank dazu sein Bier. Zuhälter aus dem
benachbarten Rotlicht-Milieu führten ihre Neuerwerbungen aus
Osteuropa zum Essen aus, Professoren der Karlsruher Uni ihre
Sekretärinnen. Deutsche Stammgäste feierten bei uns – auch
weil mein Vater ein Meister im Geschichtenerzählen ist –
ihre Hochzeit, die Taufe ihrer Kinder, Geburtstage. Einige
betranken sich nach einer Scheidung, andere schenkten uns
gerahmte Bilder ihrer Liebsten nach deren Tod, stießen mit
uns auf ein Leben danach an. Vor einem Jahr beschlossen
meine Eltern ihr „Wohnzimmer“ abzugeben, „Der Grieche“ ist
jetzt ein Döner-Imbiss. Deutschland hat sich verändert, seit
meine Eltern hierherkamen.“
Was ich zu diesem Buch sage? Nun: Es ist unglaublich! Warum?
Nun, weil es nicht nur eine hinreißend und trotzdem spannend
geschriebene Familiengeschichte ist, die ihre Charaktere
liebevoll zeichnet, sondern gleichzeitig auch klug,
scharfsinnig und doch augenzwinkernd ein Stück deutscher
Zeitgeschichte von den 60ern bis heute aus Sicht eines
Griechen erzählt, der sich in Deutschland ein neues Leben
aufbaut, ohne zu be- oder verurteilen. Nein, es ist kein
Sachbuch, wie m.E. vom Verlag fälschlicherweise deklariert,
sondern ein tolle Erzählung, ein sehr persönliches Buch, das
man nicht mehr aus der Hand legen kann. Es ist so brillant
geschrieben und lässt mich „meinen Griechen“ in meiner
Heimatstadt Essen, diesen Familienbetrieb, den es ebenfalls
schon seit Jahrzehnten gibt, noch näher sein (Bei dieser
Gelegenheit einen herzlichen Gruß dorthin, an die Hausherrin
und „meine Schwester“ Dimitra Antoniou.) Es war Zeit für
dieses Buch, und es ist, hinsichtlich der
Integrationsdebatte und dem Stand der Griechen in der
derzeitigen Wirtschaftskrise, genau zum richtigen Zeitpunkt
erschienen, aber wie sagt ein Spruch: „Es ist nicht wichtig,
wie lange man wartet, sondern worauf man wartet!“ Tja, und
darauf hab ich gewartet, dass jemand es schafft, so treffend
Charaktere, die unnachahmliche Gastfreundschaft, den
familiären Zusammenhalt, das liebevolle Miteinander, den
Stolz und die Gradlinigkeit in einer griechischen Familie zu
beschreiben, die mit Anstrengung, Fleiß und Tatendrang ihre
Taverne in der Fremde führt.
Also, bitte, unbedingt kaufen!!!! Es wird Erinnerungen in
Ihnen wachrufen, Sie rühren und berühren, faszinieren, Sie
lachen und mitfühlen lassen, und wenn Sie es gelesen haben,
werden Sie, davon bin ich überzeugt, es zwar bedauern, dass
es dieses Restaurant nicht mehr gibt, aber froh sein, dass
auch Sie „Ihren Griechen“ haben, bei dem Sie sicherlich doch
auch schon etwas mehr als nur ein Gast sind...