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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Rote Bete (Foto: Smitaki)

Rote Bete (Foto: Smitaki)

 

11.Januar 2012 - Wintergemüseblues

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Manchmal denke ich schon: „ Könnte es doch immer Winter sein…“: Die erquickende Ruhe hier auf der Insel, die Wintersonne, die warm und nicht so heiß ist, die Natur, die den Regen in sich aufgesogen hat und in sattem Grün leuchtet, der wunderschöne Himmel, nicht wie im Sommer, unentwegt strahlendblau, sondern die Farbe wechselnd und mit dicken Wolken bevölkert. Naja, und wenn denn da ab und an mal ein heftiger Sturm über die Insel fliegt, so wie letzte Woche, als ein Südsturm alles aus unserem Garten wehte, dicke Äste von den Bäumen riss und, wer weiß, was für größere Schäden noch anderswo anrichtete, dann ist es eine willkommene Abwechslung, auch mal schön, gemütlich, warm und trocken am offenen Kamin zu sitzen.

 

Na, und was noch einfach nur großartig am Winter ist, das ist das Essen! Von einigen nahrhaften Suppen abgesehen, kennt die Griechische Küche keine speziellen Wintergerichte, so wie wir die deftigen Eintöpfe. Auch jetzt bestellt man in den Restaurants und Tavernen mehrere diverse Gerichte, nur das Gemüse ist ein anderes, wie im Sommer: Kohl, Bohnen, grüner Salat (Marouli), Porree, Rote Bete, Sellerie und Spinat. Die Auswahl an frischem Fisch ist größer, wenn auch wetterabhängig, und man kann sicher sein, dass der „kalamaria“ (Tintenfisch) und die „garides“ (Garnelen) frisch auf den Tisch kommen, so wie die Schalentiere auch. Im Angebot sind riesige Radieschen und das herrliche Wildgemüse (Chorta) sowie köstliche Aufläufe mit Lamm oder Ziege aus dem Ofen. Ach ja, und dann ist es auch endlich vorbei mit den Wassermelonen als Nachtisch, und man kann sich zum Abschluss eines Mahls, an Kuchen, Halva, frischen Orangen oder Äpfeln erfreuen.

 

Das Gemüse wird nicht als Mischmasch serviert, sondern Blumenkohl, Broccoli oder Kohlblätter werden angedünstet und mit einem Schuss Olivenöl und Zitronensaft versehen. Das schmeckt einfach nur himmlisch, denn es kommt ja alles frisch vom Feld.

 

Eigentlich kann man sagen, dass man in den Wintermonaten in den Genuss der wirklichen Griechischen Küche kommt. Spielt die Tomate hier zwar die Hauptrolle im Sommer, so bleibt es doch Fakt, dass sie eigentlich ein Eindringling ist, denn so um das 16. Jahrhundert wurde sie von spanischen Eroberern, die aus Südamerika zurückkehrten, in Europa eingeführt. Zunächst galt die Tomate als Zierpflanze, da man davon ausging, dass die Früchte giftig sind. Erst ein halbes Jahrhundert später, hielt sie Einzug in die Küchen. Auch die Aubergine, die aus Asien kam, tauchte erst im 16./17.Jahrhundert in Europa auf. Es war Christoph Kolumbus der den Samen der Zucchini mitbrachte, aber die wir jetzt kennen, wurde im letzten Jahrhundert in Italien als Gemüse kultiviert und in die westliche Welt eingeführt. Die Geschichte der Gurke ist älter: Plinius der Ältere (23 – 79 nach Christus), ein Schriftsteller, Naturwissenschaftler und Philosoph, der auch einige militärische Ämter bekleidete, nennt sie das Lieblingsgemüse des Kaisers Tiberius und schrieb, dass sie bei den Alten Griechen sehr beliebt sei. Ursprünglich jedoch stammt die Gurke aus Indien. Nun, es könnte Alexander der Große gewesen sein, der sie nach Europa brachte, denn er war nicht nur ein großer Eroberer sondern er machte die Griechen auch mit vielen neuen Produkten vertraut, wie z.B. auch mit den Kastanien.

 

Aber dem Kohl wird nachgesagt, seine Wiege im Mittelmeerraum zu haben. Broccoli, Grün-, Rot-, Weiß- und Blumenkohl, all dieses nahrhafte Gemüse entstammt einer wilden Kohlpflanze, die gut gedieh auf kargem Boden an salzigen Küsten. Wissen Sie eigentlich, dass Broccoli und Blumenkohl (der Name sagt es bereits) die Blütenknospen der Pflanzen sind? Wenn man sie nicht erntet, kann man tatsächlich sehen, wie Blumen an den Röschen entstehen.

 

Auch die Rote Bete hat ihren Ursprung im mediterranen Gebiet. Sie stammt ab vom wilden Spinat (ursprünglich See-Mangold), einem Wildgemüse (Chorta), welches man auch heute noch pflücken kann. Die Griechen essen nicht nur die Knolle, sondern auch das Grün, das daran hochschießt. Na, und raten Sie mal: Die Blätter schmecken verdächtig wie Spinat. Serviert werden sie, zusammen mit der Wurzelknolle, mit einer Knoblauchpaste (skordalia): Ein himmlisches griechisches Gericht und das Grün der Rübe ist gleichzeitig eine geschmackvolle Alternative, sollte der Spinat mal aus sein.

 

Sellerieblätter wurden im Grab des ägyptischen Pharaos Tutanchamun gefunden (gestorben 1323 vor Christus). Die Alten Griechen glaubten, dass Sellerie aus dem Blut von Kadmilos (auch Kasmilos genannt) entsprossen ist. Dieser ist nach der Mythologie Vater der Kabiren, nicht-hellenistische Götter, die ursprünglich auf den nordägäischen Inseln Samothrake, Lemnos und Imbros (warum nicht auch auf Lesvos?) verehrt wurden. Später breitete sich dieser Kult bis nach Delos und auf das griechische Festland aus, laut Pausanius auch in Theben. Viel ist über diese mysteriöse Götterschar jedoch nicht bekannt, obwohl sie nach einer der vielen griechischen Mythen die Enkel von Hephaistos, dem Gott des Feuers, des Handwerks und der Schmiede sind, einem Sohn von Zeus, der auch auf Lemnos/Limnos verehrt wurde und dem römischen Gott Vulcanus entspricht.

 

Tja, wenn ich den Alten Griechen nun glauben mag, lebe ich also in der Heimat des Selleries (Lemnos/Limnos ist die Nachbarinsel von Lesvos) und in dem Gebiet, das Kohl und Rüben hervorgebracht hat.

 

Ich liebe es, mit Nahrungsmitteln zu experimentieren, mehr noch: Ich bin gerade dabei, ein Kochbuch mit Rezepten zu schreiben, die zwar nicht wirklich griechisch sind, aber gemacht sind mit griechischen Zutaten (zu denen ich auch das Sommergemüse zähle).  Sellerie kann mehr als eine Suppenzutat oder ein Schweinefleischbegleiter sein, Broccoli will etwas Zierde tragen und die Rote Bete kann auch mal genug haben von der Knoblauchpaste.

 

Hier ein kleiner Vorgeschmack, auf ein nicht nur griechisches Gericht:

 

ROTE BETE-SALAT MIT MARINIERTEN SARDELLEN (GAVRAS)

Eine Beilage oder eine Vorspeise für 4 Personen

 

500 g Rote Bete

1 Lorbeerblatt

Salz

1 TL Zucker

1 Schuss Essig

100 g marinierte Sardellen (oder Hering)

 

Für die Soße:

1 EL Mayonnaise

1 EL Griechischer Joghurt

1 TL Senf

½ TL Thymianblätter

½ TL Dill

 

Schneiden Sie die Blätter von den Rüben und lassen sie ca. 1 cm und die Wurzeln dran. Geben sie diese dann (gründlich gewaschen) in einen Topf, zusammen mit Lorbeer, Salz, Zucker, Essig und Wasser bis alles bedeckt ist und kochen dies nun ungefähr 30 Minuten, bissfest. Jetzt die kleinen Wurzeln abschneiden, die Rote Bete schälen und in 1-1,5 cm kleine Würfel schneiden.  4 von den Sardellen aufheben, den Rest zu der Roten Bete geben. Jetzt alle Saucenzutaten mischen und ebenfalls beifügen. Servieren Sie dieses Gericht auf grünem Salat, jede Portion garniert mit einer Sardelle.