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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Olivenbaum

 

1. Dezember 2008 - Olivenblues

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Das andauernde schöne warme Wetter der letzten Wochen, welches nur von einer kleinen Kaltfront und einer durchregneten Nacht unterbrochen wurde, bedeutet, dass inzwischen die Olivenernte begonnen hat. Normalerweise ist es so, dass die Oliven zu Beginn des Jahres reif sind, aber, die fast sommerlichen Temperaturen haben die Bäume, wie auch den Rest der Natur, völlig durcheinander gebracht. So fanden wir vor einigen Tagen bereits den ersten Frühlingsboten in Gestalt einer Anemone, und das obwohl der Winter noch gar nicht da war (in Griechenland sagt man, dass der Winter im Januar beginnt und im Februar endet).

 

Dem Beginn des Jahres 1850 war ebenfalls ein warmer Herbst vorausgegangen, und im Januar hingen die Ölbäume voll von reifen saftigen Früchten, und auch alle anderen Pflanzen waren bereits gerüstet, den Lenz zu empfangen. Am 12. Januar jedoch zogen bedrohlich dunkle Wolken über Lesvos zusammen, und am Nachmittag dieses Tages stürzte die Temperatur plötzlich auf 10 Grad unter Null.

 

Der Priester Prodromos Anagnostou schildert in seinem Buch „Froso´s little violet“ diesen unglückseligen Tag der Katastrophe: Wie die Tiere bereits mittags von den Feldern erbärmlich schreiend und blökend in die Dörfer und Stallungen zurückliefen, um ein schützendes Plätzchen zu finden, wie eine schreckliche Angst um ihre Insel sich in den Menschen breit machte, wie plötzlich Rauch aus dem Meer aufstieg und all überall entsetzliche Geräusche zu hören waren.

 

Es waren die Baumrinden, die mit schrecklichem Wimmern zerbarsten, da die Menge an Feuchtigkeit, die sich in den vielen sommerlichen Monaten in den Stämmen angesammelt hat, mit einem Mal gefror. Der Großteil der Olivenbäume starb an diesem Tag. Eine Hungersnot überschwemmte das Land, die eine große Welle der Auswanderung nach sich zog. Diejenigen, die zurückblieben, erwartete eine mühselige Arbeit. Die toten Bäume wurden zu Holzkohle verarbeitet und bis nach Russland verkauft. Dann wurde beschlossen, die gesamte Insel wieder neu mit Olivenbäumen zu bepflanzen. Man entschied sich für frostunempfindliche Sorten, wie „Kolovi“ und „Adramitiani“. Mäuerchen für neue Terrassen wurden gesetzt, bergeweise Erde aufgeschüttet und die Bäume wuchsen und gediehen, wie nie zuvor.

 

Wie zynisch ist es, dass gerade mit dem Jahr 1850 der Beginn des letzten großen wirtschaftlichen Aufschwungs der Insel zu verzeichnen war. Trotz der Steuern, die an das Osmanische Reich zu entrichten waren (die Osmanen hielten Lesvos seit 1462 besetzt), brachten die Ölbäume den Wohlstand. Man ging dazu über, die Olivenpressen mit Dampfmaschinen anzutreiben, man erkannte, dass man aus Olivenkerne Brennstoff gewinnen kann, und die Seifenindustrie erzielte riesige Gewinne. Moderne Maschinen aus England wurden über Smyrna (dem heutigen Izmir) eingeführt und geschäftliche Investitionen in Ländern, wie Ägypten, Russland und Rumänien, getätigt. 70% der Produktion von Olivenöl und Olivenseife wurden exportiert, davon der überwiegende Teil nach England, Frankreich und Russland. Zwischen 1875 und 1895 wurden jährlich 3.800 Tonnen Seife auf Lesvos hergestellt, zu den Hafenstädten des Osmanischen Reichs verschifft, von wo aus sie in die ganze Welt geliefert wurden.

 

Wie Smyrna und Konstantinopel war auch Mytilene eine Weltstadt, wo Dampfschiffe aus aller Herren Länder ein- und ausliefen. Wohlhabende Familien bauten sich große Häuser und in den griechischen Wohnzimmern zog der Stil der westlichen Welt ein. Der Wohlstand war da.

 

Anfang des 20.Jahrhunderts stagnierte das Wachstum, und 1912, als Lesvos sich von der Türkei befreite und wieder zu Griechenland zählte, kam der Wandel. Noch blieb der orientalische Absatzmarkt durch die Griechen, die im Ottomanischen Reich wohnten, geöffnet, aber als im Jahre 1922 alle Griechen von dort vertrieben wurden, war es damit vorbei.

 

Tausende von Flüchtlingen kamen nach Lesvos, und es mangelte an Nahrung, Wohnraum und Kapital für lebensnotwendige Investitionen. Grund und Boden wurden neu aufgeteilt, was die kapitalkräftigen Bürger von der Insel vertrieb. Lesvos wurde wieder eine Insel der „kleinen“ Bauern.

 

Heute kann die Insel über 11 Mio Olivenbäume zählen, was 126 Bäume für einen jeden Einwohner ergibt. Wendet man diese Rechnung auf das restliche Griechenland an, so kommt man zu einem Ergebnis von 9,5 Bäumen. (Italien 3,0 und Spanien 5,4). Das Olivenöl von Lesvos macht ein Viertel der gesamten griechischen Produktion aus.

 

Die weltweite Ertrag an Olivenöl ist in diesem Jahr um 9,1 % auf 2.870.000 Tonnen angestiegen, wovon Spanien 1.110.000, Italien 560.000 und Griechenland 370.000 Tonnen produziert. Keine guten Nachrichten für die Olivenbauern auf Lesvos, denn, steigt die Produktion, fallen die Preise. Ganz unabhängig davon, fallen die Preise eh schon, denn durch die wirtschaftliche Krise, ist der Olivenöl-Konsum rückläufig.

 

Die Kooperationen auf Lesvos, dort wo die Oliven gepresst, gelagert und umgeschlagen werden, können nichts anderes machen, als abwarten, wie sich die Preise entwickeln. Noch sind sie auf Lesvos nach wie vor relativ stabil, was vielleicht mit ein Grund dafür ist, weshalb ein jeder sich eilt, die Früchte einzuholen, denn wer weiß, welch ein harter Winter vor der Tür steht...

 

Copyright ©Julie Smit 2008