Eine Redewendung besagt, dass man "wie Gott in Frankreich leben" könne. In
Griechenland lebt man mit den Göttern zusammen, was Jahr für Jahr die
Alkionides-Tage (auch Halcion-Tage oder "kleiner Sommer" genannt) beweisen.Die
Götter müssen hierbei einfach ihre Hände im Spiel haben, wie soll man dieses
Phänomen sonst erklären?
Das warme Wetter motiviert die Griechen, die letzten Olivenbäume abzuernten
und weckt die Pflanzen auf, die der Zeit etwas hinterherhinken, wie dieses Jahr
die Mandelbäume, damit sie sich auf den Frühling vorbereiten können.
Der Gott des Windes verhält sich während dieser Tage mucksmäuschenstill. Das
Meer liegt da, wie ein Spiegel, und auf den tuckernden Booten frohlocken die
Fischer, da ihre Beute derzeit ganz begierig darauf ist, gefangen zu werden.
Der Fang eines Fischers aus Chania, Kreta: Ein Tintenfisch von anderthalb
Metern! Wenn man diesen verirrten Meeresbewohner (Exemplare von dieser Größe
sind ansonsten nur in der Tiefen zu finden) in Ringe schneiden würde, so könnte
man diese glatt als Hulahup-Reifen zweckentfremden.
Der Mythos, der sich um die Alkionides-Tage rankt, zeigt, wie grausam Götter
sein können, aber auch, dass ihnen das das Wort Erbarmen nicht fremd ist.
Alcyone, die Tochter des Aeolos, heiratete einen Sterblichen, und zwar den
König Ceyx.Ihre Liebe war so groß, dass sie sich ab und an übermütig Zeus und
Hera nannten, was den Göttervater sehr erboste. Aus Wut darüber, ließ er Ceyx,
als dieser mit dem Schiff unterwegs war, in einem schweren Gewitter umkommen.
Alcyone war untröstlich und nahm sich das Leben, indem sie sich in die Fluten
des Meeres stürzte. Die Götter hatten Mitleid mit den beiden Liebenden,
verwandelte sie in ein Eisvogel-Pärchen und Aeolos selbst sorgt dafür, dass für
2 Wochen im Januar die Winde schweigen und das Wetter mild ist, so dass das Paar
ungestört ihr Nest in den Felsen bauen und Eier legen kann.
Auch die Bewohner der Stadt Arta (im Nordwesten Griechenlands) zeigten großes
Mitgefühl, nachdem Priester einen offenen Brief in der Lokalpresse drucken
ließen, der die beschämenden Lebensumstände von Arbeitern aus dem Ausland zum
Inhalt hatte. Wie im Mittelalter müssen diese Menschen leben und werden von den
ansässigen Landwirten und Geschäftsleuten ausgebeutet. Die Griechen sind zwar
ein gläubiges Volk und hören auf ihre Popen, aber da staunten auch die Priester
nicht schlecht, als nach Veröffentlichung des Schriftstücks der Verlag mit
Hilfsgütern nahezu überschwemmt wurde und zudem noch zahlreiche Angebote für
eine kostenlose medizinische Versorgung eingingen.
Die meisten Immigranten in Griechenland kommen aus dem Nachbarland Albanien
und so wie viele Griechen in den 50er Jahren sich mit harter Arbeit ein gutes
besseres Leben in Amerika und Australien aufbauten, haben auch diese Menschen
jetzt gelernt, wie sie dies schaffen können, und zwar so gut, dass sie sich
mittlerweile aus den ländlichen Gegenden, wo das Leben doch hart und
beschwerlich für sie war, zurückgezogen haben. Jetzt schreien die griechischen
Bauern Mord und Brand, da nun niemand mehr da ist, der ihre Ernte einbringt. Der
Griechische Bauernverband fasst nun ins Auge, 50.000 Hilfskräfte aus Ägypten
anzuwerben, um dieses Problem zu lösen.
Eine befreundete albanische Landsmännin weilte während der
Weihnachtsfeiertage bei Verwandten in Italien. Sie berichtete mir, dass ihr
angesichts der hohen Preise in den Geschäften bald die Augen aus dem Kopf
gefallen seien (und das obwohl Griechenland doch inzwischen zu den teuersten
Ländern Europas zählt). Weiter erzählte sie, dass ihre Verwandten doppelt
soviel, wie sie, verdienen würden, dafür aber auch vom frühen Morgen bis spät in
den Abend arbeiten müssten und somit keine Zeit für andere Dinge hätten. Sie
sagte, dass sie in Griechenland auch hart arbeiten müsse, aber doch früh
Feierabend habe, so dass es ihr immer noch möglich sei, einen Spaziergang zu
machen, den Kindern bei den Schulaufgaben zu helfen oder aus zum Essen zu gehen
(was noch relativ preiswert in Griechenland ist). Somit musste sie feststellen,
dass ihr Leben hier viel mehr an Qualität hat, wie z.B. in Italien.
Die Griechen werden ihr derzeit jedoch, angesichts der politischen Skandale
(s. die Lesvos-News der vergangenen Woche) nicht zustimmen. Sie haben ihr
Vertrauen in die Politik und die Medien vollends verloren. Jetzt haben Bewohner
einen Viertels in Athen auch noch aufgedeckt, dass Bäumen in einem Park Gift
zugesetzt wurde (tja, nun hat man wohl eine Alternative zur Brandstiftung
gefunden), so dass man freie Bahn für den Bau eines Parkhauses hat. Es waren die
Bürger selbst, die den höchsten Gerichtshof eingeschaltet haben, um das Vorhaben
zu stoppen, denn Vertrauen in die Regierung ihrer Stadt haben sie nicht mehr.
Aber angesichts der sonnigen Alkionides-Tage rücken diese Sorgen und Probleme
in den Hintergrund, und die Griechen machen sich auf, um mit ihren Familien in
den warmen Strahlen der Sonne zu spazieren, idyllische Plätze, wie Molyvos
aufzusuchen oder sich in einer Taverne am Meer verwöhnen zu lassen, und kein
noch so großer Skandal kann sie davon abhalten...